Zuhause ist überall
Fotografie und bildende Kunst
Ziel des Projektes war, gemeinsam mit den TeilnehmerInnen zu ergründen, was jeder Einzelne von uns braucht, um sich zuhause zu fühlen. Symbolisch für unser „Zuhause“ stand ein Haus in Form eines Tipis. Unseren individuellen sinnlichen Erfahrungen der Projektausflüge verliehen wir mit Fotografie, Farb-Experimenten und Tonaufnahmen Ausdruck. So verwandelten wir das Tipi-Haus und seine Umgebung in ein Kunstwerk. Die 14 wöchentlichen Ateliertreffen und Ausflüge wurden pädagogisch und künstlerisch begleitet durch die Lehrerin Mara Niess und den Künstler Bo Bosshammer. Das Projekt startete nach den Osterferien und endete im Juli mit einer Ausstellung im Rahmen eines kleinen Fests in der Grundschule, zu dem Familien und Freunde eingeladen wurden.
Projektverlauf
IM APRIL _ AUFTAKT
Wir begrüßten die Kinder, stellten einander vor und erklärten das Projekt anhand unseres Tipis. Beim Fotografieren in Gruppen sammelten sie Fotos von Mustern und Formen, und übten direkt mit der Technik umzugehen.
Der erste Ausflug führte uns am nächsten Tag bei der Führung durch das Brühler Schloss Augustusburg zurück in eine andere Zeit: Wer wohnte damals in dem Schloss? Wie wurde dort gelebt? Welche Zimmer gab es und was machte man in ihnen? Welche Materialien und Formen begegnen uns?
Im Schlosspark rund um das Gebäude gingen wir mit Kameras selbst auf die Suche nach Formen, Mustern und unterschiedlichen Materialien.
Am ersten Freitag im Mai gestalteten wir mit Stiften, Papierstücken, Schere und Kleber die Schwarz-weiss-Ausdrucke der Fotos der ersten beiden Termine. Einzelne Elemente haben wir zB. farblich besonders hervorgehoben und eigene Muster innerhalb der grafisch anmutenden Bilder erfunden.
IM MAI
Die Vorstellung eines eigenen Zimmers ist persönlicher und konkreter, als die eines Hauses. Als plastisches Bild des Zimmers nahmen wir einen Schuhkarton. Aus bemalten Wäscheklammern machten wir Figuren, die mit Hilfe von Pfeifenreinigern, Pompons, Knöpfen und kleinen Portraits zu unseren Stellvertretern wurden. Im Laufe des Projekts fotografierten die Teilnehmenden einander hierfür mit verschiedenen Gesichtsausdrücken. Der zweite Ausflug brachte Töne mit ins Spiel. Unter Anleitung von Nina Stapelfeldt vom jfc Medienzentrum lernten die Kinder durch spielerisches Heranführen den Umgang mit Aufnahmegeräten. Gemeinsam versuchten wir ein Gefühl für das Gesprochene zu bekommen, hörten uns unsere eigenen Stimmen an und rieten Geräusche. In Gruppen zogen wir dann durch die Brühler Innenstadt und sammelten möglichst unterschiedliche, spannende Geräusche für eine Soundcollage. Während des Tages entstanden kleine Interviews, in denen die Kinder etwas über sich und ihre Vorstellung von ihrem „Traumzimmer“ erzählten.
Weiter ging es IM JUNI mit der Gestaltung der „Traumzimmer“. Wir verwendeten dafür vielerlei Material, wie zB. Stoffreste, Draht, Holzstäbchen, Fundstücke aus Metall und Plastik, Dinge aus der Natur, Streichholzschachteln und Dosen, Krepp-Papier, unsere Schwarz-weiss-Fotos mit bunten Elementen. Unser erster Juni-Ausflug führte uns ins „Fantasielabor“ des Max-Ernst-Museums in Brühl. Der Workshop „Vom Teesieb bis zur Schnecke“, der mit einer Führung im Museum begann, brachte uns später im „Labor“ die Frottage-Technik näher. Den Ausgangspunkt der Führung bildete eine Skulptur, die die Familie von Max Ernst darstellt. Wir sahen, mit welcher Vielfalt an Materialien der Künstler gearbeitet hat, und dass ein Stück Alltag mit viel Fantasie zu Kunst werden kann. Aus einem Koffer kamen verschiedene Gegenstände zum Vorschein. Die Kinder errieten schnell an welcher Stelle der Skulptur das Gezeigte eingesetzt wurde! Wir versuchten uns vorzustellen, welche Materialien der Künstler bei den Frottagebildern im nächsten Raum benutzt hatte. Für den zweiten Juniausflug wendeten wir die Frottagetechnik an und bemalten mit Stoffmalkreiden kleine Rucksäcke in Form von Turnbeuteln. Jeder Beutel zeigte später ein Haus. Durch Kombination verschiedener Muster und Farben entstanden Schlösser, Türme, Baumhäuser,... Häuser in einer Landschaft, an einer Straße, am Wasser...
Im Forstbotanischen Garten in Köln Rodenkirchen ließen wir uns durch den Wald treiben, indem wir in den Rucksäcken Dinge aus der Natur für das Tipi sammelten. Auch hier galt die Aufmerksamkeit besonders der Vielfalt von Formen und Mustern. Wir bewunderten gemeinsam Stöckchen, Blätter, Schneckenhäuser, Zapfen, Steine und vieles mehr. Bei einem Picknick auf dem Naturspielplatz ließen wir den Tag ausklingen. Schließlich bekamen die Kinder an den letzten beiden Terminen Gelegenheit ihre „Traumzimmer“ und Figuren fertigzustellen.
IM JULI – FEST & AUSSTELLUNG
Wir bauten gemeinsam mit den Kindern die Kunstwerke auf und hörten uns die Audioaufnahmen an. So entstand eine aufgeregte Stimmung gemischt mit viel Lachen kurz vor dem Eintreffen der Gäste. Den Mittelpunkt bildete das Tipi, um das unsere Traumzimmer mit den Figuren, die Frottagebilder und die Rucksäcke versammelt waren. Die Fundstücke aus der Natur haben wir rund um das Zelt ausgebreitet.
RÜCKBLICK – AUSBLICK
Eine gemischte Gruppe aus geflüchteten Kindern und Kindern mit und ohne Migrationshintergrund nahm an „zuhause ist überall“ teil. Für die rege und kontinuierliche Beteiligung der Gruppe an dem Projekt und den unkomplizierten praktischen Verlauf gab es mehrere Gründe. Einmal die gute Zusammenarbeit mit dem Team des Kinder - und Jugendzentrums Meschenich, das ihre jungen Besucher zu dem Projekt einlud, und sie und ihre Eltern immer von Neuem daran erinnerte.
Einigen TeilnehmerInnen war es ein Anliegen, dass sie gemeinsam mit ihren Geschwistern dabei waren, und sie sowohl praktisch als auch sprachlich in dem Projekt unterstützen konnten. Diese Unterstützung konnte bisweilen auch in eine Art „Verteidigung“ der eigenen Familienmitglieder gegenüber anderen Teilnehmenden umschlagen, auch weil manche einander aus früheren Zusammenhängen, vielleicht schon von der Flucht her, kannten. Es entstanden immer wieder Spannungen, die für viel Unruhe sorgten. Dabei spielte sowohl der zuvor genannte Punkt, als auch die Mischung der Gruppe insgesamt eine Rolle.
Oft teilten wir die Gruppe, um ein konzentrierteres Arbeiten zu erleichtern. Dabei fiel auf, dass der Gruppe, die jeweils als zweite an der Reihe war, das Abwarten sehr schwer fiel, obwohl das Jugz viele Möglichkeiten der Zerstreuung bot. Die Sorge darum, evtl. zu kurz zu kommen, stand besonders bei den geflüchteten Kindern im Vordergrund. In dem Projekt sollte das Medium Fotografie ursprünglich eine größere Rolle spielen. Da es sich im Verlauf aber herausstellte, dass manche Teilnehmende sehr ungeduldig waren und das Teilen einer Kamera auch nach mehreren Versuchen schwierig blieb, kamen andere künstlerische Techniken mehr zum Einsatz. Besonders die spielerische Erkundung neuer Orte während der Ausflüge und das Experimentieren mit verschiedenen Materialien für die Traumzimmer machte den Kindern großen Spaß. Einen Höhepunkt bildete überraschender Weise der Tag in der Natur. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass solche Erfahrungen eine Seltenheit für viele der Teilnehmenden darstellte. Mit großem Erstaunen und viel Ehrgeiz sammelten die Kinder im Grünen. Der Umgang miteinander fiel den meisten in dieser Situation leichter.
Projektleitung, Kooperation & Förderung
Leitende Referentin: Verena Günther
Referent: Bo Bosshammer
Pädagogische Unterstützung: Mara Niess
Workshop Audioaufnahmen: Nina Stapelfeldt
Das Projekt fand statt in Kooperation mit dem Kinder - und Jugendzentrum Meschenich und dem jfc Medienzentrum Köln e.V.
Ermöglicht wurde das Projekt durch eine Sonderförderung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein Westfalen.