Landesarbeitsgemeinschaft
Kunst und Medien NRW e.V.

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Schatz der Freundschaft

Köln
15. Januar 2019

Was bedeutet Freundschaft für Dich? Ausgehend von dieser Frage haben sich Kinder und Jugendliche mit und ohne Fluchthintergrund mit den Beziehungen zwischen Menschen und dem Wert der Gefühle füreinander künstlerisch auseinandergesetzt.

Schatz der Freundschaft - spartenübergreifendes Projekt

spartenübergreifendes Projekt

Projektverlauf
Die bildliche Umsetzung zu „Schatz der Freundschaft“ war den Motiven der Piratenzeit entlehnt. Im Laufe der Projektwoche entstand eine Installation, die an eine Landschaft denken ließ, zusammengesetzt aus 3 wesentlichen Elementen:

1. einer großen Schatzkarte mit Inseln in einem Ozean (bemalte Leinwände mit Fotos)
2. individuell gestalteten Schatzkisten (Holzkisten mit Objekten und Fotos)
3. und einer Gefühlswolke (Skulptur aus Papier, Pappe, Fäden, gedruckten Wörtern)

Erweitert wurde die Darstellung um die Dimension der Sprache. Eine O-Ton-Collage aus Interviews und den persönlichen Freundschaftsgeschichten der jungen Teilnehmer*innen umfing die Installation im Raum.
Das verbindende Element des täglichen Arbeitprozesses war das Gruppenfoto. Die Teilnehmer*innen trugen einander ihre Vorschläge für das Foto vor und nach Abstimmung wurde eine Idee in die Tat umgesetzt. Der/die Ideengeber*in durfte als  Fotograf*in die Gruppe für das Bild aufstellen. Die Verantwortung in dieser Rolle war für die Teilnehmer*innen von großer Bedeutung und stärkte ihr Selbstbewusstsein. Als Ritual bildete und festigte es dabei die Gruppe. Die immer unterschiedliche Form des Rituals bedingte den Austausch zwischen den Teilnehmer*innen.

Verknüpfungen
Mit künstlerischen Mitteln erarbeiteten wir am ersten Projekttag ein Repertoire in Wort und Bild: Wir sammelten und druckten Gefühlswörter und fotografierten rund um das Haus Gesichter mit Emotionen, die wir in alltäglichen Gegenständen entdeckten. In Vorbereitung auf den nächsten Tag erzählten wir, die Referentinnen, je eine eigene Freundschaftsgeschichte, zeigten unsere selbst gestalteten Schatzkisten und ihren Inhalt: den Freundschaftsgegenstand aus der Geschichte!

Meine Freundschaft
Die Teilnehmer*innen hatten am zweiten Tag einen eigenen Freundschaftsgegenstand mitgebracht. Sie erzählten ihre Geschichten und stellten ihre Objekte den anderen vor.
Die Teilnehmer*innen, die mit ihren Familien aus ihrer Heimat fliehen mussten, berichteten, dass es für sie eine schwierige Aufgabe darstelle diese Gegenstände zuhause zu finden, da sie die meisten persönlichen Sachen bei der Flucht zurück lassen mussten. Die Gruppe wurde zum Nachdenken angeregt und man überlegte gemeinsam, welche Gegenstände den geflüchteten Kindern und Jugendlichen eine Freude machen würden. Am nächsten Tag konnten dann auch sie ihre persönliche Geschichte, die Elemente der eigenen Vergangenheit enthielt, zu einem geschenkten Gegenstand erzählen.
Nachmittags gestaltete nun jede*r Teilnehmende eine individuelle Schatzkiste für sein wertvolles Freundschaftsobjekt. Im Laufe des Projekts wurden die Kisten weiter angefüllt mit:

  • einem Foto des Objekts in den Händen der Teilnehmer*innen,
  • einem Foto von dem/der jugendlichen Teilnehmer*in, der/die den Gegenstand auf eine bestimmte Art festhält
  • einer größeren Streichholzschachtel mit Wörtern und Fotos von Gegenständen mit Gesichtern, die wir Gefühlskästchen nannten
  • Gruppenfotos, die während unseres täglichen Rituals entstanden

 Zeit zusammen
Der dritte Projekttag stand ganz im Zeichen der gemeinschaftlichen künstlerischen Arbeit in kleineren Gruppen: die Ateliers  „Schatzkarte“ und „Wolke“.
Die Schatzkarte verband und verortete die Schatzkisten. Fotos von den Kisten blieben als Stellvertreter für die „echten Schätze“ auf dem Festland zurück. Diese Inseln trugen die Namen der teilnehmenden Jugendlichen: Ahmeds Berg, Zeldas Reich, Mateos Höhle... Statt eines großen Stoffstückes als begehbare Schatzkarte, wie ursprünglich geplant, wurden Leinwände für die Karte gewählt. Das August Bebel Haus behielt so eine bleibende Erinnerung an die „Schatzsuche“ in ihren frisch renovierten Räumlichkeiten.
Mit Hilfe von blauer Tinte, Pinsel und Tacker wurde aus Pappe und viel Zeitungspapier eine große Wolke Stück für Stück aufgebaut. Aus ihr „regnete“ es Gefühlswörter. Als Symbol für das Wetter mit seinen unterschiedlichen Stimmungen kommunizierte sie die gedruckten Wörter.

Konflikte und Lösungen
Die Freundschaftsgeschichten wurden zu zweit aufgenommen und zusammen mit Interviews über das Thema am vierten Tag zu einer O-Ton Collage verarbeitet. Die Teilnehmer*innen hatten großen Spaß an den Interviews im Kreis der Gruppe unter Anleitung von Nina Stapelfeldt vom jfc Medienzentrum. Sie wurden zusätzlich zu den Erfahrungen an der Kamera hier in ihrer Medienkompetenz gestärkt.
Parallel zum Audio-Studio arbeitete jeweils eine Gruppe weiter an der Wolke und an der Karte. Eine vierte Gruppe fotografierte im Viertel an geeigneten Orten die Gegenstände, die Kisten und portraitierte einander.
Um Konflikte abzuwenden und eine ruhige, konzentrierte  Atmosphäre in den Ateliers zu schaffen, teilten wir an dem Tag die Gruppe in noch kleinere Teams. Dabei entstanden   Konstellationen, die wieder neue Gespräche während des künstlerischen Prozesses ermöglichten.

Zusammen gestalten
Am fünften Projekttag waren wir, wiederum in vier neu zusammengestellten Kleingruppen, vor allem mit der Fertigstellung der einzelnen Elemente unserer Installation und der Vorbereitung der Ausstellung beschäftigt. Außerdem widmeten wir uns der Gestaltung der Gefühlskästchen und einige Kinder und Jugendliche erarbeiteten Texte zu den Kunstwerken.

Der Schatz wird entdeckt
Die Vorbereitungen für die Ausstellung am Samstag liefen den ganzen Vormittag auf Hochtouren. Mittags kamen die Kinder und Jugendlichen dazu und halfen, wo es nur ging. Stolz begrüßten sie etwas später ihre Familien und Freunde, präsentierten und erklärten sie die Werke, betreuten das Buffet, schenkten Getränke ein …
Nach der feierlichen Vorstellung der Künstler*innen und der Eröffnung mit der ganzen Gruppe konnten alle rund um das Kunstwerk und seine vielen Schätze entspannen.

Rückblick - Ausblick
Während des Projekts wurde immer deutlicher, dass der Gesprächsbedarf zum Umgang mit Emotionen bei vielen Teilnehmer*innen besonders hoch war. Diesem Bedürfnis wurde selbstverständlich Raum gegeben. Es war uns sehr wichtig die Bedingungen für Begegnungen und die Bildung einer Gruppe zu schaffen, ihren Zusammenhalt im Laufe der Woche zu stärken. Dieser Prozess mit der Gruppe ereignete sich jeden Tag aufs Neue für jeden Einzelnen: Ich komme an, ich komme mit meinen Gefühlen, mit meinen Stimmungen in die Gruppe, mit Ideen, mit meiner Kraft, … - dort treffe ich auf andere Kinder und Jugendliche, die auch mit all ihren Stimmungen, Ideen etc. in die Gruppe kommen. Ich lerne sie kennen, trete mit ihnen in den künstlerischen Prozess ein, knüpfe währenddessen neue Beziehungen, erfahre etwas über mich selbst, über die Anderen und gehe mit neuen Erkenntnissen wieder hinaus. Die Schatzkisten und die Kunstinstallation sind Metaphern für diesen Gruppenprozess, für die Emotionen, für den Austausch miteinander.
Es gab viele Konflikte und wir haben jedes Mal eine Lösung gefunden. Immer wieder neue Kleingruppen zu bilden und diese Kleingruppen auch ständig neu zu mischen war für das Gelingen der Zusammenarbeit entscheidend.
Das Anderssein des Gegenübers erzeugte oft Spannungen: du bist anders, weil wir nicht im gleichen Stadtteil wohnen, weil wir nicht die gleiche Schule (Schulform) besuchen, weil wir nicht aus dem gleichen Land kommen, weil Du kleiner und schwächer bist als ich, weil wir zwar Geschwister sind und doch so verschieden, weil ich flüchten musste und Du nicht,...
Durch die non-verbale Ebene der künstlerischen Arbeit versuchten wir den Teilnehmer*innen die Möglichkeit zu geben, das Anderssein aus einer neuen Perspektive zu sehen.
Die Unterschiede machen uns auch besonders, einzigartig, unverwechselbar.
Für die meisten Jugendlichen war die Teilnahme an einem Projekt dieser Art eine Premiere. Eine ganze Woche mit solcher Intensität an etwas zu arbeiten und dabeizubleiben stellte eine besondere Herausforderung dar. Bis zum Ende auf das gemeinsame Ziel, die Ausstellung, hinzuarbeiten, war daher für viele Teilnehmer*innen eine große Leistung.

Projektleitung, Kooperation & Förderung
Leitende Referentinnen: Verena Günther & Luz Helena Diaz
Pädagogische Begleitung: Anna Stadler
Teilnehmerstruktur:  15 Kinder und Jugendliche zwischen 9 und 12 Jahren
Projektzeitraum: 22. bis 27.10.2018
Ort: Köln-Mülheim 
Das Projekt fand statt in Kooperation mit dem August-Bebel-Haus der Awo Köln  statt.
Ermöglicht wurde das Projekt durch eine Sonderförderung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein Westfalen.

Was bedeutet Freundschaft für dich?

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