Landesarbeitsgemeinschaft
Kunst und Medien NRW e.V.

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ÄnderungenAllerArt - Open minded

Mönchengladbach
03. Dezember 2017

Ankunft - Herkunft - Zukunft. Im Rahmen des ÄÄA-Festivals haben sich junge Geflüchtete in einem einwöchigen Upcycling-Workshop mit alltäglichen Werkstoffen, Trödel, ausrangierten Möbeln und Gegenständen auseinandergesetzt die Mönchengladbacher Bürger in's Ladenlokal an der Hindenburgstraße 20 gebracht haben. Alltägliches und Vertrautes wurde deformiert, umfunktioniert, modernisiert und neu definiert. Herausgekommen ist eine große Ausstellung mit phantastischen Skulpturen, Zeichnungen und Design-Objekten.

ÄnderungenAllerArt - Open minded - Objekt-Design

Objekt-Design

Hintergrund
ÄNDERUNGEN ALLER ART ist ein – im Turnus von zwei Jahren – stattfindendes Kulturprojekt in Mönchengladbach, das unsere Verschwendungsgesellschaft thematisiert. Für die Dauer von 7 Wochen werden Künstler in ein geräumiges Ladenlokal eingeladen, sich der Funktion, Gestaltung und Geschichte von Dingen zu widmen. Die Bürger Mönchengladbachs werden aufgerufen, das Material hierfür vor Ort zu stiften, also Sachen, Zeug oder Habseligkeiten aller Art vorbeizubringen. Die Ergebnisse der Transformationen sind nicht vorherzusagen. Ganz nach Eingebung der Künstler werden Geräte womöglich deformiert, Gedichte modernisiert, Gemälde neu koloriert oder die Benutzungsweise von Gegenständen neu definiert. Samstags finden Ausstellungen statt, bei denen die entstandenen Arbeiten präsentiert werden.“
In der dritten von sieben Wochen kamen diesmal keine 2 Künstler, sondern geflüchtete Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren aus 7 verschiedenen afrikanischen Ländern zu uns. Vier Wohngruppenprojekte halfen bei der Suche nach kreativ-interessierten Jugendlichen.  Was in dieser geballten Woche passieren würde, war unvorhersehbar. Es gab viele offene Fragen und Unsicherheiten. Wie würden wir in nur 6 Tagen eine Ausstellung auf einer Fläche von 220qm füllen? Wir wussten nichts voneinander: Wo kommen Wir her? Welche Interessen haben wir? Welche Sprache ist die richtige?               

Projektverlauf

Zum Anfang machten wir eine kleine Übung: Lege oder baue deine Landesflagge aus den Materialien die Dir am besten gefallen und achte auf die Farbabfolge! Was André und ich als studierte Künstler/Designer mit links beherrschten, war für die Gruppe nicht ganz so leicht. Immerhin war dies für viele die erste „Skulptur“ bzw. ein Ding ohne praktischen Nutzen – eine Aufgabe mit der die meisten der Teilnehmer zum ersten Mal in ihrem Leben zu tun hatten. Aufgewärmt von der Kunstpraxis hatten die Jugendlichen den Wunsch: Zeichnen lernen wäre toll! Es folgte an den nächsten Tagen zum Aufwärmen ein Zeichenkurs. Ein rotes Tier auf einem Sockel und ein Schaufenstertorso auf einem dreibeinigen Holzstuhl dienten als Modelle.
Im Kreise sitzend, wechselten wir im Uhrzeigersinn die Sitzplätze, um alle Dimensionen, Blickrichtungen und Perspektiven der Objekte klarer zu verstehen. Die Resultate des ersten Tages glichen eindimensionalen Strichzeichnungen. Am folgenden Tag erkannten wir im Vergleich der Skizzen schon sehr gut die ersten Fortschritte in Proportion und Perspektive.
Tag für Tag wurde es arbeitsreicher.  Die Gruppe kam ganz selbstverständlich in ihre Werkstatt für Veränderung. Es war spürbar, dass alle motiviert waren und Lust hatten, sich auf das Fremde und Neue einzulassen. Diejenigen mit zwei linken Händen ließen sich von anderen helfen, die mit Akkuschrauber und Stichsäge umzugehen wussten. Das angesammelte Material, welches die Bewohner M’Gladbachs fleißig herbei trugen, ließ den Teilnehmern viel Freiheit zum Experimentieren. Sie bauten Musikinstrumente aus alten Dosen, Metallregalen und Birkenzweigen, eine spirituelle Kapelle aus alten Schwibbögen und Led-Blinklichtern, eine Kranlampe aus alten Weinregalen und beklebten einen Globus mit kleinen Spiegeln, der sich an einem Motor um die eigene Erdachse drehte.
Vernissage am 08.07.2017
Nach sechs Tagen Ideensammlung, Verwirklichung und Ausstellungsaufbau, folgte samstags 19 Uhr die Ausstellungseröffnung. 4 Jugendliche aus verschiedenen Wohngruppen gaben zum Auftakt ein improvisiertes Konzert auf ihren selbstgebauten Instrumenten. Mit ihren Heimleitern posierten sie vor der Wand mit den schwarzweißen Künstlerportraits, die wir gemeinsam im Laufe der Woche von uns machten und man sah wie stolz sie auf sich und diese Tage waren.
Der Abschied war an diesem Abend für uns alle leicht, denn wir realisierten erst Tage später, was diese Tage, die uns wie drei Wochen vorkamen, emotional auslösten: Das Spontane, Kreative, die Energie, die man als Team freisetzt… Nicht die Vorgabe eines Ziels, sondern es gemeinsam zu erarbeiten, es entstehen zu sehen durch die Teilnahme so verschiedener Persönlichkeiten, die alle an diesem Ort, in diesem Ladenlokal zu OPEN MINDED zusammenkamen und auf so unterschiedlichen, langen Wegen dort hin gekommen sind, ist unsere schönste Erfahrung.

Projektleitung, Kooperation & Förderung
Leitende Referenten: André Stache & Vesko Gösel
Projektzeitraum: 03. bis 09.07.2017
Das Projekt fand statt in Kooperation mit AZEH e.V. statt.
Ermöglicht wurde das Projekt durch eine Sonderförderung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein Westfalen.

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